Samstag, 21. Juli 2012

Arm sind sie nicht, aber armseelig, diese Reichen hinter ihren Hecken und Mauern.
Ich musste die letzten Stunden oft an sie denken, nachdem ich eine Seite im Netz angeschaut hatte, auf der sich per Schnappschuss die Erbengemeinschaft der Ausbeuter präsentiert: LINK
Kaum zu glauben, dass es wirklich Spaß machen kann, seine Statussymbole auszustellen, Genuss daraus zu ziehen, dem finanziell verarmten Publikum den vergoldeten Arsch zu zeigen. Aber sie lächeln, sie haben ein Vergnügen gefunden. Sie schämen sich nicht.
Sie schüren mein unnötiges Mitleid, diese Reichen, aber natürlich faszinieren mich auch ihre Abbilder, denn in meiner Welt kommen sie niemals vorbei, kann ich sie nirgends sehen. Die Klassen sind mittlerweile so von einander separiert, dass mir - bis auf ein, zwei Erben - niemand einfallen würde, der mehr als ein Mittelklasse-Einkommen hat, sie sind entschwunden, sie nehmen nicht mehr teil, diese Reichen. Interessant ist auch, dass mir kein bedeutender, zeitgenössischer Schriftsteller aus dieser Gesellschaftsschicht bekannt ist. Sie scheinen allesamt zu verblöden an ihren Pools, in ihren Karossen, auf ihren Yachten. Nichts müssen sie mehr fürchten, keine Laterne, keine Steuern, kein einziges "Buh". Sie leben hinter verschlossenen Türen.

Sie erkennen die Welt nicht, gewinnen keine Erkenntnis, stehen neben den Dingen, nicht über ihnen. Können zwar auch die Photos des Planeten Erde betrachten, die sie wie ich im Netz finden, begreifen aber nicht die unglaubliche Perspektive, die diese Aufnahmen eröffnen.
Noch vor zweihundert Jahren war der höchste Blickpunkt der von einem Berg. Dann wurden Fesselballon und Photokamera erfunden, und der Blick weitete sich; das Felderflickenwerk wurde sichtbar, das Gewimmel der Vegetation, die Menschen in all ihrer Winzigkeit (Nadar schoss das erste nachweisbare Luftbild 1858). Später kamen höher schwebende Maschinen hinzu, Luftschiffe, Flugzeuge; bessere Kameras wurden gebaut. Aber immer noch war nur ein Ausschnitt der Welt zu sehen, bis dann endlich 1946 das erste künstliche Auge ins Weltall geschossen wurde (an Bord einer V2, die von der amerikanischen Basis White Sands aufstieg).
Wir konnten uns natürlich schon vorher vorstellen, wie der Erdball im Weltraum leuchtet, aber jetzt konnten wir es auch erkennen, zu einem Zeitpunkt, der nicht einmal fünfundzwanzig Jahre vor meiner Geburt lag.

Derweil die reichen Kinder Champagner saufen, der das gleich aussehende Etikett wie der von ALDI hat.

Nadar, Luftbild von Paris, 1858

James Wallace Black, Luftbild von Boston, 1860

Erstes sicher datiertes Luftbild aus Deutschland, Zehdenick 1887

Hugo vom Hagen, Luftbild von Berlin, um 1886


Die Erde von einer V2 aus photographiert, 1946

Das erste Panoramabild der Erde, 1948, ebenfalls von einer V2 aus

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